Unser Garten


Der Hauskauf

Als wir im Sommer 2014 unter glücklichen Umständen zu einer allerdings maroden Immobilie im nahegelegenen Zentrum von Jever kamen, standen für uns bald die ersten Überlegungen mit dem Haus als solches an. Wir machten uns auf die Suche nach einem Bauarchitekten. Die Grundsatzfrage „Haus retten und aufwändig umbauen?“ oder „Haus abreißen und ein neues Haus bauen?“ kam schnell auf. Das einzig Erhaltenswerte des 15 Jahre leerstehenden Hauses, war nach einer eingängigen Bestandsaufnahme des Architekten, allerdings nur das Außenmauerwerk. Zwar zu Zeiten noch bezahlbarerer Energiekosten, haben wir uns dann doch schweren Herzens - hauptsächlich aus energetischen Gründen - für den Abbruch entschieden.


Die Grundideenfindung

Als Gartenfachleute waren wir dann auch bald gefragt was drumherum so passieren muss, auch wenn uns bewusst war, dass unsere Meinung längst nicht so objektiv ausfallen würde, wie bei einem Auftrag im „Tagesgeschäft der Gartengestaltung“. Meine Frau und ich haben in diesem Sommer und Herbst jede freie Minute auf dem Grundstück verbracht, um den Garten schon einmal zu spüren und kennenzulernen. Welche der (wenigen) brauchbaren Pflanzen/Bäume hatten eine Perspektive? Des Weiteren wollten wir erleben, wie der Sonnenverlauf ist. Welche Geräuschunterschiede hat man, wenn man zuvor 20 Jahre auf dem Land (Middoge) gelebt hat und nun von 8 Grundstücksnachbarn umgeben ist. Wo wird Sichtschutz im Garten wichtig werden?


Vom "Handtuch"-Grundstück zu vier eigenständigen "Quadraten":



Im Winter 2015 standen dann die Abrissarbeiten an. Danach wurde noch deutlicher, wie lang und schmal doch unser Grundstück überhaupt ist. Im vorderen Bereich des Grundstücks zur Straße hin, konnte glücklicherweise das großzügige Haus gut platziert werden, weil das Grundstück dort sehr viel breiter ist als hinten. Die wohl spannendste und zugleich schönste Aufgabe stand für meine Frau und mich als Gartengestalterpaar an, nämlich die Planung und die Abstimmung der umsetzbaren Bauausführung des EIGENEN Gartens. Parallel liefen die Planungen des Wohnhauses seitens des Architekten auf Hochtouren, der unsere teils schwierigen Vorgaben und Wünsche gekonnt berücksichtigt hat. Uns war es im Garten einerseits wichtig Räume zu schaffen, obwohl dies schwierig werden würde, wenn man es mit einem schmalen „Handtuch"-Grundstück zu tun hat. Gleichermaßen ist uns aber auch immer die Tiefe des Grundstücks mit der entstandenen Sichtachse wichtig gewesen. Dies hatte uns dazu inspiriert, die Blickrichtung sogar zu verlängern und sie gewissermaßen mit ins Haus hinein zu nehmen. Die Haus- und Gartenplanung verschmolz nun miteinander, indem sich die zentralmittige Sichtachse des Gartengrundstücks von hinten gesehen über die Sonnenterrasse am Haus, durch das Wohnzimmer und den Flur bis hin zur Haustür zieht.

Um Gartenräume auf einem schmalen Grundstück zu schaffen, haben wir das Grundstück gewissermaßen in vier quadratische Räume unterteilt.


Das erste Quadrat:

Es beginnt mit dem vorderen „Quadrat“ auf dem das Haus steht. Dort befindet sich nicht nur der pflegeleichte Vorgarten, sondern hinter dem Gartentor auch der notwendige Mülltonnenplatz in unmittelbarer Nähe zur Seiteneingangstür des Hauswirtschaftsraums. Die große Hauptterrasse am Wohnzimmer nach Süden war Wunsch und gesetzt. Eine kleinere Frühstücksterrasse an der Küche nach Westen ebenso. Ein Sprudelstein als Vogeltränke hatte sich bereits in unserem vorigen Garten bewährt, weshalb wir das auch unbedingt im neuen Garten einplanen wollten. Das Höhenniveau der beiden Terrassen ist dasselbe wie im Haus und somit durch bodengleiche Hebeschiebetüren barrierefrei und in etwa auch auf dem Niveau des damaligen Hauses



Das zweite Quadrat:

Das zweite „Quadrat“ führt mit jeweils zwei Treppenstufen auf einen aus holländischen Riemchensteinen angelegten Weg, der das halbkreisförmige Rasenparterre umfasst. Eine Gehölz- und Staudenpflanzung umschmeichelt die Wegeeinfassungen als „mixed Border“ wie sie bei englischen Landhausgärten häufig auch vorzufinden ist. Das bricht optisch die strengen Konturen einer Pflasterung auf.








Das dritte Quadrat:

Das dritte „Quadrat“ schiebt sich trennend wie ein Riegel vor das letzte „Quadrat“. Hier bilden zwei Äpfelbäume aus dem Bestand zusammen mit dem Gartenhaus und der Pergola eine Einheit. Das zentral in dem Garten platzierte Gartenhaus mit Außendusche dient als Aufenthaltsbereich und zur Unterbringung der Gartengerätschaften. Die hierfür verarbeiteten Klinkermauersteine, die schon jahrelang auf diese Bestimmung warteten, stammen aus einer alten Deichstraße im Wangerland. An der wärmespeichernden Südwand des kleinen Gebäudes wurde ein Spalierbirnenbaum gepflanzt. Zwischen dem teichabsichernden schmiedeeisernen Zaun und dem Gartenhaus ergab sich - fast zufällig - noch ein Platz für eine gemütliche kleine Feuerstelle mit zwei Adirondack-Stühlen. Die Flächenbefestigung ist hier ein wasserdurchlässiger, aber gut begehbarer Granitsplitt. Die beiden Obstbaumveteranen ‚Ingrid Marie‘ und ‚Gloster‘ aus den 1950er Jahren halten im Sommer eine Hängematte. Dazu kam, dass diese beiden Bäume für die weitere Gestaltung den Nullpunkt des Gartens vorgaben. Die beiden Bäume sollten und durften selbstverständlich im Wurzel- und Traufenbereich nicht mit Boden angefüllt werden. Eine solide Pergola aus Bongossihölzern und Granitpfosten dient als Rankgerüst der historischen Ramblerrose ‚Albéric Barbier‘ und betont den Hauptweg und die Sichtachse.













Das vierte Quadrat:

Das letzte und größte „Quadrat“ planten wir als unsere Wellnessabteilung. Ein Schwimmteich ist das Herzstück dieses Refugiums. Biologisch funktionieren diese Anlagen hervorragend, wenn die Filterfläche mindestens die gleiche Größe hat wie der Schwimmbereich (4,50 x 10,00 Meter) als Solches. Da wir hier in diesem Zusammenhang an unsere Platzkapazitäten kamen, mussten wir nachhelfen und technisch etwas aufrüsten. Die gesamte Filtertechnik der Anlage verschwindet hinter der Gartenmauer, welche wiederum noch 3 Meter von der südlichen Grundstücksgrenze erstellt wurde. Aus diesem Grund war eine Bauhöhe von über 2 Metern auch bau- und nachbarschaftsrechtlich zulässig. Es wurden auch hierfür dieselben Klinker wie bei beim Gartenhaus verwandt. Aber die Mauer hatte auch einen gestalterischen Sinn. Denn, vom Haus aus betrachtet, wird am Ende einer Sichtachse vom Gartenplaner gerne ein beruhigendes Element eingesetzt. In unserem Fall ist das der Schwimmteich. Und damit das Auge dahinter nicht „ins Leere schweift“, dient die schöne alte Klinkermauer als eine Art Riegel, die den Garten optisch beendet. Vor der Mauer haben wir eine „schwebende Terrasse“ angelegt. Durch die exakte Südausrichtung des Gartens und der Mauer ist sie somit auch eine echte Schattenterrasse. Das Niveau der Plattform ist, wie am Haus wieder zwei erhabene Stufen höher als der Garten. Von hieraus hat man einen wunderschönen Blick über den Teich auf unser Haus.












Die Erstellung:

Üblicherweise ist bei einem Hausneubau nicht sofort die Gestaltung des Gartens an der Reihe. Das war hier anders als sonst. Durch den Wunsch des Schwimmteiches mussten zumindest die Rohbauarbeiten hierfür vor den Gründungsarbeiten des Wohnhauses erledigt sein. Denn die Garage als Grenzbebauung und das Haus selbst hätten eine spätere Durchführung der Erdarbeiten hier unmöglich gemacht. Später stellte heraus, dass die Menge abzufahrenden Aushubboden im Wassergartenbereich in etwa dieselbe Menge wie bei den Gründungsarbeiten am Haus werden würde. Diesmal waren die Landschaftsgärtner also vor den Maurern auf dem Bau. Wir arbeiteten uns also von hinten nach vorne und begannen mit der Gartenmauer. Die Betonarbeiten des Schwimmteiches und der schwebenden Terrasse folgten. Ehe mit dem Hausbau begonnen wurde, hatten wir die Rohbauarbeiten im „letzten Quadrat“ des Grundstücks abgeschlossen. Beim Hausbau gönnten wir uns den Luxus, es mit relativ viel Ruhe angehen zu lassen. Bei regelmäßige Baubesprechungen mit den ausführenden Handwerkern bei Kaffee und Kuchen, wurden uns dann Fragen gestellt, wie wir uns dieses und jenes vorstellen bei der Ausführung. Wir hatten immer ein paar Tage Vorlauf, um uns Gedanken dazu zu machen. Da unser Haus einen „holländisch anmutenden Touch“ haben sollte, musste das zum Beispiel auch bei der Beschaffung der Baustoffe koordiniert werden. Auf der Zielgeraden der Hausfertigstellung, kümmerten wir uns dann um die Pflasterarbeiten, damit wir trockenen Fußes erst einmal im Herbst 2016 einziehen konnten. Auch hierfür wurde das holländische Waalformat (5x20 cm) als Pflastersteinformat gewählt.













Die Bepflanzung:

Im Jahr 2017 wurde dann der Schwimmteich fertiggestellt und wir konnten uns auf den zunächst spartanischen Sitzplätzen überlegen, wie wir den Garten bepflanzen. Uns war zu jeder Zeit wichtig, dass die Pflanzen dominieren sollen und alles Bauliche sich unterzuordnen hat. Das ist bei einem Neubau allerdings leichter gesagt als getan. Auch hier haben wir uns wieder im Nachbarland inspirieren lassen. Uns fiel positiv auf, dass dort gerne „Massen“ einer Pflanzensorte gepflanzt wurden. Mit Sicherheit ist dies kein Zeichen für Ideenlosigkeit, sondern wir empfanden das als wohltuender für das Auge gegenüber kleinteiliger Mixanpflanzungen. So sind im letzten „Quadrat“ am Schwimmteich lange Gräser- und Hortensienhecken gepflanzt worden. Ebenso sorgen dort Spalierbäume für das typische Holland-Flair. Hier wurden Kirschlorbeer-Spaliere gewählt, um ganzjährigen immergrünen Sichtschutz zu gewährleisten. Feldahornspalierbäume fanden ebenfalls Berücksichtigung bei der Sichtschutzgestaltung am Haus zum Nachbarn im Westen. Hier wurden bodendeckende Kirschlorbeerpflanzen und Hortensien untergepflanzt.






Die Zielgerade:

Im alten Garten befand sich eine etwa 2 Meter große Sternmagnolie die wir retteten und eintopften und während der Bauzeit über im Betrieb pflegten. Beim Zurückholen des schönen Gehölzes zum Herkunftsort, erwies es sich als Vorteil, dass wir wegen des Einbaus eines großen Tores auf der Rückseite der Garage bequem mit sperrigen Materialien und größeren Maschinen in den Garten kommen konnten. Bei der Erstellung unseres Gartenhauses im Folgejahr sollte uns diese Annehmlichkeit noch einmal zu Gute kommen. Es entstand ein, für ein Gartenhaus relativ großer, Klinkerkubus. Dieser war zwar wieder raumbildend, aber anfangs recht dominant. Durch die Begrünung mit einer stark wuchernden Clematis, hatte sich das Bauwerk nach einem weiteren Jahr optisch schon wieder recht gut untergeordnet.


Die Wiederholungen:

Harmonie und Ruhe in den Garten bringt außerdem, wenn Materialien, Pflanzen und auch Farben wiederholend an anderen Stellen eingesetzt werden. Deshalb sind auch die gleichen Mauerklinker für Gartenmauer und Gartenhaus verwandt worden. Der Farbton Anthrazit ist überall im Garten eingesetzt. Der Farbton rahmweiß ist wiederum überall am Haus verbaut, wie zum Beispiel alle Fenster und Türen, sowie bei der nachträglich installierten Glasüberdachung der Hauptterrasse. Spalierbäume und Massenanpflanzungen wiederholen sich ebenfalls. Ein Garten ist zwar nie fertig, aber mit der Erstellung des Gartenhauses 2018 und der Glasüberdachung 2023 war das Projekt EIGENER GARTEN abgeschlossen.


Die Gartenpflege:

Das 1.204 qm große Grundstück ist wegen der bodendeckenden Massenanpflanzungen als relativ pflegeleicht zu bezeichnen. Die Schwimmteichanlage macht zugebenermaßen Arbeit, aber schließlich ist es auch ein Hobby in dem man gerne Zeit und Energie steckt. Man sollte sich eher an der Natürlichkeit dieser Anlage erfreuen, die ein gechlorter Pool nicht ausstrahlen würde. Es bleibt aber immer noch genug Zeit für eine Auszeit in der Hängematte zwischen den beiden geerbten Apfelbäumen, am Feuerkorb oder an heißen Tagen im kühlen Naturbad.





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